Mobilitätswende für alle mit allen

Moderne Mobilität soll Menschen von A nach B bringen und das einfach günstig, sicher, sauber und bezahlbar. Gießen denkt um. Als SPD wollen wir eine Mobilitätswende, die an alle denkt: An die, die sich mehr Lebensqualität statt Lärm und Abgase in der Stadt wünschen und die, die beruflich in die Stadt und aus der Stadt pendeln. Diese Interessen wollen wir ausgleichen und unterschiedliche Verkehrsmittel partnerschaftlich nebeneinander aufstellen.

Wir wollen eine Mobilitätswende, die:

  • den zur Verfügung stehenden Verkehrsraum in Gießen gerecht aufteilt,
  • Bus und Bahn, Radverkehr und Fußgänger:innenverkehr fördert und damit attraktive Alternativen zum Auto schafft,
  • verschiedene Verkehrsmittel intelligent verzahnt,
  • dazu beiträgt, dass Gießen bis 2035 klimaneutral und lebenswerter wird.

Mit den Stimmen der SPD hat das Stadtparlament am 04.03. beschlossen, zwei Verkehrsversuche umzusetzen, die diese Mobilitätswende anstoßen:

Verkehrsversuch Anlagenring

In diesem mindestens einjährigen Verkehrsversuch wird auf dem Anlagenring jeweils eine Fahrradspur in jede Richtung eingerichtet. Ebenso sollen Konzepte zur Stärkung des öffentlichen Verkehrs (Linienbusverkehr) auf dem Anlagenring berücksichtigt werden.

Um die bestmögliche Entscheidung über das langfristige Konzept des Anlagenrings treffen zu können, wird der Versuch von Expert:innen fachlich begleitet. Dazu wollen wir ein Gutachten in Auftrag geben lassen, das mit dem Verkehrsversuch einhergeht, verschiedene Konzepte untersucht und bewertet, um den Radverkehr und den öffentlichen Verkehr auf dem Anlagenring zu stärken. Dazu gehört ebenso die Betrachtung und Neubewertung der Verkehrsführung für Autos.

Vor Ende des Verkehrsversuchs soll mithilfe des Gutachtens ein dauerhaftes Konzept entwickelt werden, das

  • den Radverkehr, öffentlichen Verkehr und Fußgänger:innen stärkt und
  • Konzepte für den Pkw beinhaltet.

Verkehrsversuch Innenstadtfahrradachsen

Gleichzeitig soll ein weiterer Verkehrsversuch mit zwei Fahrradachsen durch die Innenstadt umgesetzt werden (Neue Bäue – Neustadt und Bahnhofstraße – Walltorstraße). Auch hier sollen die Sicherheit für Radverkehr und Fußgänger:innen einerseits und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt andererseits erhöht werden. Dazu soll der Parksuchverkehr durch entsprechende Maßnahmen innerhalb des Anlagenrings reduziert werden.

Verkehrsversuche und dann?

Die Verkehrsversuche sind ein erster Schritt. Mithilfe der Gutachten soll über die langfristigen Konzepte für diese Verkehrsbereiche entschieden werden. Wir wollen attraktive Alternativen für diejenigen schaffen, die auf das Auto angewiesen sind, aber gern darauf verzichten würden. Bei einem solchen Umbruch ist es uns wichtig, alle Bürger:innen in die Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse einzubinden.

Deswegen sollen die Ergebnisse der Verkehrsversuche und Gutachten in Bürger:inneninformations- und -diskussionsveranstaltungen vorgestellt und diskutiert werden. Eine Verkehrswende funktioniert nur dann, wenn alle Anliegen gehört werden, Sorgen ernst genommen und ein gemeinsames Verständnis geschaffen wird.

Mittel- und langfristig muss der öffentliche Verkehr gestärkt werden, P+R Parkplätze für Ortsfremde geschaffen werden, die intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsmittel mithilfe digitaler Applikationen vorangetrieben, ein flächendeckendes Leihradsystem aufgebaut werden und weitere nachhaltige sowie bezahlbare Konzepte für die Mobilität in Gießen entwickelt werden. Das schließt übrigens Konzepte für Lieferverkehre ein.

Handel

Die Situation des Innenstadthandels verschärft sich unter den aktuellen Corona-Bedingungen. Wir sind allerdings nicht der Überzeugung, dass eine veränderte Verkehrsführung am Anlagenring dazu führt, dass die Innenstadt unattraktiver wird.

Im Gegenteil, saubere Luft, sichere Erreichbarkeit mit dem Rad und zu Fuß und eine gute Anbindung mit dem öffentlichen Verkehr machen die Innenstadt für verschiedenste Bevölkerungsgruppen der Stadt und des Kreises attraktiver.

Wir werden den örtlichen Handel mit neuen Technologien und modernen Lösungsansätzen stärken. Schon in der Vergangenheit haben wir gesehen, dass Veränderung kein Nachteil für die Innenstadt sein muss. So führten die Umwandlung des Seltersweg zu einer Fußgänger:innenzone und die Abschaffung der Parkplätze in der Plockstraße zu einer Zunahme von Gastronomie und Handel und belebte die Innenstadt. Es geht also auch darum, welchen Platz wir gewinnen.

Auch heute brauchen wir zeitgemäße Antworten: Ein Mehr an Auto-Verkehr ist weder eine Lösung für den Handel noch für die Lebensqualität der Menschen in Gießen oder das globale Klima. Lassen Sie uns gemeinsam den Wandel gestalten.

Verkehrswende im Kreis Gießen

Es hat sich gezeigt, dass ein Mangel an Mobilitätsmöglichkeiten ein Hindernis für die Zugänglichkeit und soziale Eingliederung in der heutigen Gesellschaft darstellt. In ländlichen und wenig besiedelten Gebieten ist der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln im Vergleich zu städtischen Gebieten oft schlecht, was zu weniger Möglichkeiten führt, wenn man z. B. kein Auto besitzt. Basierend auf einige Gespräche mit den Menschen im Landkreis ist unser Ziel als Jusos zu untersuchen, wie der Zugang zum Verkehr die Bedürfnisse der Mobilität und der Teilnahme an Aktivitäten im Alltag erfüllen kann und wie verschiedene Verkehrsträger genutzt werden. 

Die Betrachtung der zeitgeografischen Perspektive zeigt, dass die Nutzung von Zeit und Raum durch die Menschen und der Einschränkungen berücksichtigt, denen sie bei der Durchführung von Aktivitäten einschließlich Reisen ausgesetzt sind.  Optimistisch gesehen spielt das Reisen mit dem privaten Auto für den Bewohner:innen eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung alltäglicher Aktivitäten im Landkreis sowie bei der Wahrnehmung des Autos als Norm in der heutigen Gesellschaft. Die häufige Nutzung von Autos ist die Folge einer Kombination aus zeitlichen und räumlichen Einschränkungen, Gewohnheiten und einem Mangel an Dienstleistungen, Aktivitäten und öffentlichen Verkehrsmitteln in ländlichen Gebieten. 

Schlechte öffentliche Verkehrsdienste schränken insbesondere die unabhängige Mobilität von Kindern und Jugendlichen ein. Darüber hinaus beeinflusst die physische Umgebung die Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, beispielsweise wenn Straßen und Bushaltestellen als unsicher angesehen werden, und daher konzentrieren wir uns auf die Verbesserung der Mobilität durch Erleichterung der Bereitstellung erschwinglicher Transportmittel und Transportdienstleistungen. Trotz massiver Ausgaben haben viele Bemühungen der Regierung und der Gemeinden zur Verbesserung des Verkehrs die Bedürfnisse der Landbewohner nicht erfüllt. Darüber hinaus hat der Markt keine Transportdienstleistungen für Gebiete mit geringer Nachfrage und für die ärmsten und am wenigsten mobilen Segmente der Gemeinschaft erbracht. 

Um erhebliche wirtschaftliche und soziale Vorteile zu erzielen, müssen Verkehrsinvestitionen einen integrierten Ansatz verfolgen. Anstatt sich ausschließlich auf den Ausbau der Straßennetze zu konzentrieren, sollten auch kleinere Straßen, Wege und Gleise berücksichtigt werden. die Nutzung privater und gewerblicher Transportmittel und die Bedeutung von Verkehrsknotenpunkten und Märkten. Verkehrsplaner müssen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der alle Beteiligten in einen partizipativen Prozess der Bedarfsermittlung innerhalb eines klaren politischen Rahmens einbezieht, der auf der gegenseitigen Abhängigkeit und Komplementarität verschiedener Verkehrsmittel beruht.