Mit großer Bestürzung haben wir über den geplanten Abriss des Kinocenters in der Bahnhofstraße gelesen. Damit wird das letzte Programmkino in Gießen verschwinden.
Und nicht nur das: diese Nachricht ist Teil einer Entwicklung, die uns starke Bauchschmerzen bereitet.
Dass das Kinocenter eine Kultureinrichtung ist, die möglicherweise keine großen Gewinne mehr einspielt, ist sicher nicht verwunderlich. Aber ist das bei Kultur der Maßstab, den wir anlegen wollen? Kultur ist teuer, aber Kultur in all ihren Formen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, für den es sich zu kämpfen lohnt. Was einmal weg ist, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wieder. Wollen wir auf das schöne kleine Kinocenter wirklich verzichten? Oder besser gesagt: Können wir darauf verzichten?
Wir wollen auf das Kinocenter nicht verzichten und sagen Nein zu einem Abriss! Das Kinocenter ist der Gegenpol zum großen Kinopolis. Es ist mehr als „nur“ ein Kino. Es ist ein Ort, an dem sich das Gießener Stadtleben widerspiegelt. Ein Ort, an dem viele Gießenerinnen und Gießener ihre ersten Kinobesuche erlebt haben. Ein Ort, an dem man sich gemeinsam den Tatort bei einer Riesenportion Popcorn angeschaut hat und gemeinsam den Trash einer längst vergangenen Film Ära genießen konnte. Selbst wenn das Programmkino durch das Kinopolis aufgegriffen wird, es ist nicht das Gleiche. Allein die räumliche Größe des Kinocenters wirkt der Anonymisierung unserer Stadtgesellschaft entgegen. Die Frage, die wir uns hier stellen müssen lautet doch: In welche Richtung soll sich unsere Stadt in Zukunft entwickeln? Lassen wir uns nur vom Konsumgedanken leiten oder lenken wir aktiv dagegen und erhalten unsere Begegnungsorte? Wenn wir so weitermachen, gibt es bald gar keinen Grund mehr, das eigene Sofa zu verlassen. Lebensmittel kann man sich liefern lassen. Um Klamotten zu kaufen, müsste man schon lange nicht mehr aus dem Haus. Alles ist im Internet bestellbar. Ja, es ist einfach. Aber der Preis, den wir auf lange Sicht dafür bezahlen, ist einfach zu hoch.
Die Streamingdienste sollen nach und nach das Kino ersetzen. Kino ist aber mehr als einfach nur Filme schauen. Ins Kino zu gehen ist eine Zelebrierung von Gemeinschaft und Zusammenhalt. Jede Form von Kultureinrichtung setzt auf Begegnung. Manch ein Film entfaltet seine ganze Bildgewalt doch erst auf der großen Leinwand. Gute Filme setzen auf Szenen, die man auf einer großen Leinwand erst richtig genießen kann.
Wir wollen das Kinocenter langfristig erhalten und wollen dafür kämpfen. Wer schließt sich uns an?
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